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Patrik Scherrer - Installation von Madeleine Dietz

 
Madeleine Dietz: Damit, wer hinein geht, das Licht sehe
 
 
 
Das Licht sehen
 
durch Patrik Scherrer
 
Temporäre Installationen bieten die außerordentliche Gelegenheit, bestehende Raumstrukturen zu verändern und aufzubrechen. Durch die Interventionen werden die Räume mit Inhalten angereichert, die einen veränderten, manchmal sogar gänzlich neuen Umgang mit dem jeweiligen Raum bedingen. Eine temporäre Installation ermöglicht eine zeitlich begrenzte Auseinandersetzung mit etwas ganz Anderem. Sie öffnet die Sinne für das faszinierend und irritierend Fremde zugleich. Ihr ungewohnter Platz lässt Bestehendes aufmerksamer wahrnehmen und ungeahnte Möglichkeiten, vielleicht sogar Träume und Visionen ausprobieren, ohne sich definitiv auf eine Lösung festlegen zu müssen.
Mit ihrer Installation in der evangelischen Zwölf-Apostel-Kirche Frankenthal hat Madeleine Dietz den zentralen Bereich des ovalen Kirchenraums wesentlich verändert. Auf Grund der verwendeten Materialien ist das zwar offensichtlich, aber ohne Kenntnis des normalen Raumes nur sehr eingeschränkt.
 
 
 
Anstelle eines roten Teppichbandes füllt braune Erde den Mittelgang vom Kircheneingang über die Altarstufen bis zum Altar aus. Dieser wurde mit einem dunklen Stahlkubus überformt und damit in einen strukturellen Kontrast zur feingliedrigen Natur der Erde vor ihm und den Ästen hinter ihm gebracht. Mit ihnen hat die Künstlerin eine etwa 50 cm starke Hecke aus dornenbewehrten Ästen errichtet, die den hinteren Bereich des Chorraums unzugänglich abgrenzt.
 
 
Durch die formale Ähnlichkeit (Farbe und Dimension) vermögen sich die Erdschüttung und die Dornenhecke im Auge des Betrachters zu einer Kreuzform zu verbinden, die den ovalen Innenraum durchquert und in deren Schnittpunkt sich der Altar befindet. Als finales Element der Rauminstallation leuchtet über dem durch das Metall matt glänzenden Altar ein horizontales gelbes Licht warm durch das Geflecht aus Ästen und kündet von einer lichten Gegenwart jenseits dieser Begrenzung.
 
Die Installation hat den funktionalen Versammlungsraum „geerdet“ und ihm gleichzeitig eine geistige Ausrichtung gegeben. Der so wichtige Mittelgang der auf den Altar ausgerichteten und zu ihm hinführenden Wegekirche wurde mit der getrockneten Erde unbegehbar gemacht. Die Künstlerin schuf damit einen „heiligen“ Raum in der Mitte der Gläubigen, der nicht begehbar war. Mit der Erde brachte die Künstlerin die Natur in den „vergeistigten“ Raum hinein und öffnete damit u.a. Bezüge zur Schöpfung, zum Ackerland, zur Fragilität und Vergänglichkeit menschlichen Lebens. Auch wurden dadurch viele Gläubigen in ihrer Gewohnheit „gestört“ und zum Gehen anderer Wege bewegt – eine sinnbildliche Ermutigung, dies auch im Glauben zu tun und dadurch „beweglich” zu bleiben.
 
Die Dornenhecke führt die der Erdschüttung innewohnende Symbolik fort. Die abgeschnittenen Äste zeugen von der Wachstumskraft, die in den Pflanzen und Bäumen steckt. Als gewachsene Elemente voller Verzweigungen ist das Leben in ihnen noch zu spüren, wenngleich aller Saft aus ihnen entwichen ist. So vermögen die Äste die Fülle des Lebens, aber auch seine Grenzen darzustellen, die Dornen gleichzeitig die damit verbundenen Schmerzen und Leiden in Erinnerung zu rufen, Bezüge zum Leiden Jesu und ganz allgemein zu unserem Vergehen und Sterben herzustellen. Während im Erdboden unendlich viel Potential beheimatet ist, steht die dornenbewehrte Hecke mehr für die Endlichkeit allen Lebens, für die unüberwindbare Begrenzung, die uns umfängt und die wir nur in der Hoffnung und im Glauben zu durchdringen vermögen. Die Hecke bildet ja keine homogene Mauer, sondern lässt bescheidene Durchblicke zu, die sich durch die Helligkeit des Lichtes vornehmlich auf dieses beziehen.
 
Wenn die Erde das Diesseits verkörpert, unser fragiles und doch so leistungsfähiges Wesen, dann vermag die Dornenhecke das mit Schmerzen verbundene und oft leidvolle Ende unseres Erdenlebens dazustellen. Sie trennt vom Jenseits, das sich in der Installation als schwer einsehbares dunkles „Dahinter“ oder „Danach“ gibt. Während der Altar Orientierung an Gott und spirituelle Stärkung auf dem Lebensweg symbolisiert, thematisiert das gelbe Licht unsere Sehnsucht nach ewigem Leben. So lässt das Licht eine helle, warme und dadurch haltgebende Gegenwart auf der anderen Seite wahrnehmen – gerade dann, wenn es dunkel und kalt um uns wird und wir alles Liebgewonnene aufgeben müssen. Der Glaube an die Auferstehung von den Toten wird dadurch gestärkt, die Hoffnung, dass sich Gott in der Stunde unseres Todes auch unser erbarmt und uns wie seinen Sohn zu sich ins Licht holt und die wirkliche Fülle des Lebens erfahren lässt.
 
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Madeleine Dietz: Damit, wer hinein geht, das Licht sehe, 2012, Installation mit Zweigen, Erde und Licht. Altarkubus Stahl, 25.5. bis 24.6.2012 in der Evang. Zwölf-Apostel-Kirche Frankenthal im Rahmen des Projektes zum Kultursommer Rheinland Pfalz: GOTT UND DIE WELT / Kunst in Frankenthaler Kirchen - sechs Kirchen, sechs Künstler, sechs spezifische Installationen.
 
Madeleine Dietz, siehe www.madeleinedietz.de
 
Patrik Scherrer, siehe www.bildimpuls.de